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Im Notfall, allzeit bereit? Was ist ein IFAK und wozu dient es?

Egal ob am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder im Einsatz - Schnell kann es zu lebensbedrohlichen Situationen kommen und dann ist es gut, wenn man Erste Hilfe Material dabei hat und natürlich auch weiß, wie man es anwendet.

Im Gegensatz zum KFZ-Verbandkasten, den fast jeder kennen dürfte und der für ungeschultes Personal ein Sammelsurium an Hilfsmitteln enthält, beinhaltet ein gut ausgerüstetes IFAK besondere Werkzeuge, um Gefahren, die speziell Leib und Leben bedrohen, zu bannen. Für deren profunde Anwendung ist allerdings Einarbeitung und Übung notwendig.

Nicht alle, aber viele wichtige Infos bekommt Ihr heute hier im Blog und im Video.



 
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Individual First Aid Kits (IFAKs) kommen in vielen Farben, Formen und Ausführungen, aus denen sich jeder Interessent das für ihn passende aussuchen kann. Ein Spezialkräfte-Operator benötigt offensichtlich einen anderen Inhalt als ein Sportschütze oder ein Waldarbeiter und dementsprechend auch ein anderes "Drumherum".


Das IFAK unseres ePIG Group Medics, Matthias, befindet sich ganz klassisch am Schießgürtel in der 6-Uhr-Position. Neben dem Inhalt ist auch die Positionierung der Tasche oft Gegenstand unrühmlicher Diskussionen, jedoch kann man mit der Positionierung hinten am Körper nur wenig falsch machen. Der Zugriff ist mit jeder Hand möglich, sollte mal ein Arm außer Gefecht sein oder anderweitig genutzt werden müssen.


Im Bedarfsfalle kann der gesamte Inhalt, der hier mittels Panzertape zu einem Inlay verbunden wurde, mit einem Griff herausgenommen werden. Wichtig ist, dass keine Kleinteile herunterfallen können und dass die Bedienung einhändig und stressresistent möglich ist.


Ein Basis-IFAK setzt sich unserer Meinung mindestens aus den folgenden Gegenständen zusammen:


Einweghandschuhe und Rettungsdecke.

Die Einweghandschuhe sind nicht primär da, um steril zu arbeiten, sondern das Infektionsrisiko beim Helfer zu reduzieren.

In den meisten lebensbedrohlichen Szenarien ist mit dem Austreten von Körperflüssigkeiten wie Blut oder Speichel zu rechnen, die Krankheiten übertragen könnten, wie z.B. HIV oder Hepatitis.

Die Rettungsdecke bewahrt den Verletzten vor Unterkühlung, die durch die Umverlagerung von Blut im Körper, zu den lebenswichtigen Organen hin, eintreten kann.


Gleich daneben finden wir ein kleines Päckchen "Compressed Gauze", also komprimiertes Mull, das zum tamponieren von Wundhöhlen und somit zur Kontrolle von starken Blutungen eingesetzt wird. Um der Frage zuvor zu kommen - ein Tampon für Damenhygiene ist dafür nicht geeignet.


Ebenso bewährt hat sich der Einsatz von Notfallbandagen, sog. "Israeli Bandages". Hierbei handelt es sich um einen Verband mit steriler Wundauflage, der zum Fixieren der Mullpackung oder auch als Druckverband über z.B. Schnittwunden angewendet werden kann. Das schöne bei diesem Produkt ist, dass es selbst von Laien und einhändig angebracht werden kann.


Sind Schusswunden zu befürchten, ist das Mitführen von Chest Seals unabdinglich. Und frei nach dem Motto "one is none and two is one" sollten es auf jeden Fall zwei sein. Eines für die Eintrittswunde und, sofern vorhanden, eines für die Austrittsstelle. Chest Seals gibt es von mehreren Herstellern und in verschiedenen Varianten, einfach, oder ventiliert, aber die Anwendung ist bei allen Produkten ähnlich simpel. Durch das luftdichte Abkleben der Schusswunden im Brustbereich wird das Eindringen von Luft verhindert, und somit die Lungenfunktion erhalten.


Da die Sauerstoffaufnahme zu den wichtigsten Elementen eines funktionierenden Kreislaufs gehört, ist die Aufrechterhaltung der Atmung absolut lebenswichtig. Hierfür hat sich der Einsatz eines Wendl-Tubus als einfach in der Anwendung und praktikabel erwiesen. Dieser Gummitubus wird über die Nase eingeführt und hält die oberen Atemwege auch in Rückenlage frei.


Bei einem Spannungspneumothorax sammelt sich Luft zwischen Brustwand und Lunge, was die Atmung erschwert und den Bluttransport zum Herzen hin verringert. Um dem entgegenzuwirken bietet sich eine Dekompressionsnadel an, die ebenfalls in jedem IFAK beinhaltet sein sollte. Für die richtige Anwendung ist eine fundierte Schulung unbedingt notwendig. Doch selbst wenn man sich nicht in der Lage sieht, diese anzuwenden, könnte ja Fachpersonal unter den Helfern sein, dem nur das Werkzeug fehlt.


Ganz rechts sieht man den letzten Bestandteil eines Range-IFAK, ein Hämostyptikum. Dieses Material beschleunigt nach der Anwendung die Blutgerinnung enorm und hilft somit, lebensbedrohlichen Blutverlust direkt an der Blutungsquelle entgegenzuwirken.


Ratsam ist das Mitführen einer ordentlichen Kleiderschere um den Zugang zum verletzten Körperteil zu beschleunigen, sowie medizinisches Tape und ggf eines Knicklichts.


Gerade bei Anwendung von Tourniquets, eines Tubus oder Blutgerinnungsmitteln ist das Ausfüllen einer Verwundeten Karte sinnvoll. Diese gibt es als Vordrucke zu kaufen oder auch zum Ausdrucken im Internet. Daher, auch unbedingt einen Sharpie oder einen Edding mit ins IFAK packen.

Das Tourniquet ist, unserer Meinung nach, im Bereich der Soforthilfe ein unverzichtbarer Begleiter geworden. Hierbei handelt es sich um ein Hilfsmittel zum Abbinden von Gliedmaßen bei hohem Blutverlust. Die Anwendung ist mit etwas Übung einhändig ohne weiteres zu bewerkstelligen und garantiert schnellste Hilfe.


Während das oben vorgestellte IFAK fest am Range Belt per MOLLE verbaut ist, gibt es so genannte Rip-Off-Lösungen, wie hier gezeigt. Das Klettpanel bleibt am Plattenträger, Rucksack oder Battle Belt installiert, während die eigentliche Tasche, die den Inhalt trägt,...


... abgerissen wird um direkt und schnell alle benötigten Hilfsmittel neben dem Patienten griffbereit zu haben.


Im taktischen Bereich, für die Montage am Plattenträger, haben sich Fanny Packs oder Dangler Pouches für die IFAKs bewährt. Diese werden unterhalb der Plattentaschen getragen und einfach...


... zwischen die Elemente des Plattenträgers geklettet.


Diese Optionen gibt es natürlich in den unterschiedlichsten Farben und Formen, sowie Größen.


Blow Out IFAKs sind durch eine festmontierte Plattform charakterisiert, in die die eigentlichen Träger-Elemente eingeschoben werden. Hier beim Frog.Pro Orthos Med Pouch kann der Nutzer sein Kit auf zwei, mit Griffen versehenen Modulen fixieren, die mit einem Ruck...


... aus der Umhüllung entfernt und...


... neben dem Patienten ausgebreitet werden können.


Der Kreativität sind bei der Gestaltung eines IFAK keine Grenzen gesetzt und grundsätzlich gilt, besser etwas haben und nicht brauchen, als etwas brauchen und nicht haben. Nach diesem Grundsatz haben wir eine Tool Pouch zu einem...


... Mini-IFAK umgerüstet, das mit kleinstem Platzaufwand seinen Zweck erfüllt.


Auch fertige Lösungen werden im Fachhandel angeboten, wie hier z.B. von Tatonka (dem zivilen Arm von Tasmanian Tiger). Eigentlich befindet sich in dieser signalroten Tasche der Inhalt eines KFZ Verbandkastens für den alltäglichen Gebrauch, jedoch kann der gewiefte Anwender die Infrastruktur des Kits verwenden...


... und z.B. für Arbeiten im Wald oder am Campingplatz ein taugliches IFAK kreieren. Da, wie schon gesagt, die Lösungen mannigfaltig sind, gibt es von diversen Herstellern auch Lösungen für den Fußknöchel, was sehr "Low Profile" ist, oder auch IFAKs für den Einsatz bei Kraftfahrern oder anderem Fahrzeug-gebundenem Personal, das am Oberschenkel getragen wird.


Je spezialisierter die Anwendung, desto aufwändiger sind natürlich auch die IFAK Taschen und desto größer auch das Preisschild, das die Hersteller an die Artikel hängen. Für ein funktionierendes IFAK ist dies jedoch gar nicht notwendig: Die einfachste Lösung wäre es, den Inhalt in einen Zip-Lock-Beutel zu stecken, der vor Staub und Schmutz schützt, jedoch simpel zu bedienen ist.


Schon etwas fortgeschrittener ist es, den IFAK Inhalt in einem Klarsichtbeutel zu vakuumieren, wobei man allerdings darauf achten muss, dass man den Beutel am Rand perforiert und diese Stellen markiert, sonst braucht es enorme Kraft oder ein Werkzeug um den Beutel zu öffnen.


Auch leere Umverpackungen von KFZ Verbandtaschen oder Fanny Packs sind eine praktikable Lösung, ebenso wie...


... z.B. Lenkertaschen für die Motorradfahrer unter uns.


Durch die Anwendung einiger Tricks und Kniffe lässt sich die Effektivität eines IFAKs noch steigern, auch ist bei der Auswahl der Produkte auf einige Eigenheiten zu achten:

Die Emergency Bandage (Israeli Bandage) wird in 10cm und 15cm Breite angeboten. Natürlich lässt sich die 10cm Version leichter verstauen, doch manchmal ist es von Vorteil bei der Behandlung, einen 15cm breiten Verband dabei zu haben. Wir schwören daher auf die breitere Version.

Ein Blutgerinnungsmittel (Hämostyptikum), wie hier das Celox, kann in zeitkritischen Szenarien helfen, lebensbedrohliche Blutungen zu stoppen. Wer allerdings geübt ist, wird auch mit compressed gauze zuverlässig arbeiten. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Wundhöhle möglichst dicht gepackt und vollständig ausgefüllt wird um die Blutung zu stoppen. Daher sehen wir es als unerlässlich an, IFAK Anwender-Kurse zu besuchen.


Besonders wichtig ist es unserer Ansicht nach, die Tourniquets vorzubereiten und die Anwendung zu trainieren: Da die TQs in einer Folie eingeschweißt geliefert werden, ist diese unbedingt abzuziehen und der Verschluss des Knebels zu öffnen und einseitig zu fixieren.


Auch sollte die Schlaufe bereits großräumig aufgezogen werden, sodass im Bedarfsfalle auch ein Oberschenkel hindurch passt, da gerade hier die größten Blutgefäße verlaufen und Zeit Not tut. Auch ist es sinnvoll, das Hakenklett-Ende für einen besseren Griff umzufalten oder mit einem Flauschklettstreifen am äußersten Ende zu entschärfen. Die Königsklasse besteht darin, das TQ in diesem Zustand neu zu falten, sodass es mit einer Schleuderbewegung entfaltet werden kann.


Eine Alternative zum "normalen" CAT (Combat Application Tourniquet) stellen die SWAT-T Tourniquets dar. Diese sind nicht so einfach in der Anwendung, versprechen jedoch bei dünneren Gliedmaßen, z.B. bei Informatikern oder Kindern, besseren Erfolg. Auch bei verwundeten Diensthunden werden diese gerne eingesetzt.


Das elastische SWAT-T muss soweit gedehnt werden, bis die Indikatoren den Vorgaben entsprechen, die auf das Tourniquet aufgedruckt sind und dann überlappend um die Gliedmaße gewickelt werden. Durch die Elastizität zieht sich das Band zusammen und staut somit das arterielle Blut.


Der Wendl-Tubus erfüllt im Grunde die gleiche Funktion, wie die stabile Seitenlage, die Jedermann und -Frau aus dem Führerscheinkurs oder aus einem Weiterbildungskurs im Betrieb kennen sollte: Beide verhindern, dass die Zunge bei einer bewusstlosen Person zurück fällt und diese somit erstickt.

Sowohl die Einnahme der stabilen Seitenlage, als auch die Anwendung eines Wendl-Tubus sollte geübt werden. Es ist allerdings nicht einfach, sich zu überwinden, einer Person, die man im Zweifelsfalle gar nicht kennt, ein Stück gummiummanteltes Plastik über die Nase in den Rachenraum zu schieben. Hierbei muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass es sich bei Bewusstlosigkeit und Atemstillstand um lebensbedrohliche Lagen handelt.

Bei bewusstlosen Patienten hat sich die Markierung des Opfers mittels eines Knicklichts schon des Öfteren bezahlt gemacht. Das aktivierte ChemLight wird einfach an einem Stück Paracord über einen Ast gehängt, somit kann man, sollte man z.B. den Rettungsdienst in Empfang nehmen müssen, den zu bergenden Patienten auch in Dämmerung oder Dunkelheit wieder finden.


Da ein Versagen der Atemfähigkeit immer auch mit dem Zusammenbruch des Kreislaufsystems zusammenhängt, sind Chest Seals ein absoluter Game Changer, vor allem wenn es um penetrierende Verwundungen des Brustraums geht. Da z.B. bei Schussverletzungen meistens zwei Wunden, Eintritt- und Austrittöffnung, vorzufinden sind, bietet es sich auch an, zwei Chest Seals mitzuführen.


Nach dem Öffnen der Umverpackung findet sich meistens ein Stück...


... sterile Kompresse, mit dem das Umfeld der Verwundung von Schweiß, Blut und Schmutz gesäubert werden sollte.


Dann wird, nach Abziehen der Abdeckung, das Chest Seal dicht schließend auf die Verwundungen aufgebracht. Somit wird verhindert, dass der Brustraum Luft zieht und sich die Lungenflügel daher nicht mehr entfalten können. Es gibt auch ventilierte Chest Seals im Handel zu erwerben, die sich anstauende Luft aus dem Brustraum entlassen können, jedoch das Eindringen von außen verhindern. Diese bevorzugen wir in jedem Falle.


Sollte es trotz ventiliertem Chest Seal zu einem Spannungspneumothorax kommen, also einer Luftansammlung im Brustkorb, die die Luftaufnahme über die Lungen erschwert, kommt eine Dekompressionsnadel zum Einsatz. Diese gut 8cm lange Nadel wird in den Brustkorb gestoßen und lässt über ein Ventil die angestaute Luft ab.

Für diese Anwendung ist der Besuch eines fundierten Kurses unbedingt notwendig, da man ja keine unnötigen Löcher in einen Körper stechen will. Besonders hier macht Übung den Meister.


Als Kennzeichnung des IFAK bietet sich an, einen Patch oder einen Aufkleber mit Kreuz zu verwenden, da selbst im zivilen Rettungsbereich einige Personen nichts mit dem Begriff IFAK anfangen können. In Stresssituationen bieten sich daher eigentlich immer international gültige Piktogramme an.


Fazit:

Auch wenn man selber nicht tagtäglich mit der Anwendung von Erste Hilfe Material konfrontiert ist, rentiert es sich, regelmäßig Schulungen zu besuchen. Die Eigenart von Unfällen ist, dass sie unvorhersehbar auftreten und dann zählt im Zweifelsfalle jede Sekunde.

Selbst wenn man sich mit einigen Inhalten eines professionellen IFAK nicht auskennt, kann es doch sein, dass am Ort des Geschehens eine besser geschulte Person vorhanden ist, die z.B. eine Thorax-Entlastungsnadel oder einen Tubus setzen kann, der es jedoch nur gerade am Material mangelt.

Wer sich also in Situationen begibt, die rein theoretisch Gefahren bergen, sei es Schießtraining, Mountainbiking, Bergwandern, Jagd oder Forstarbeit, ist gut beraten, ein gut sortiertes IFAK mitzuführen.


Ihr bekommt die Inhalte eines IFAK z.B. bei WERO und praxistaugliche IFAK Behältnisse bei Recon Company.


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